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Welche Fragen stellen sich bei der Implementierung der Drehtür?
Die systematische Einrichtung eines Drehtürmodells ist in der Regel mit verschiedenen Fragen und Entscheidungen verbunden. Häufig beginnen Schulen mit individuellen Einzelmaßnahmen für einzelne Schüler:innen. Spätestens jedoch, wenn das Drehtürmodell als feste Maßnahme in der Begabungs- und Begabtenförderung implementiert werden soll, tauchen viele organisatorische und inhaltliche Fragestellungen auf.
Die Bearbeitung dieser Fragestellung im Kollegium und das gemeinsame Finden von Antworten tragen in vielen Fällen zum Gelingen oder Misslingen der Implementierung bei. Die folgende Checkliste kann daher als Orientierung dienen, welche Fragen bei der Einrichtung eines schulweiten Drehtürmodells relevant sein könnten. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die Rahmenbedingungen von Schule zu Schule unterschiedlich sein können.

Alle Punkte, die Sie oben aufgeführt finden, haben wir in einer PDF zum Download untergebracht. Diese können Sie hier herunterladen oder direkt ausdrucken.
Download: Checkliste zur Implementierung
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Karten fürs Lehrerzimmer

Die folgenden Karten haben wir in einer PDF zum Download untergebracht. Diese können Sie hier herunterladen oder direkt ausdrucken.
Download: Karten fürs Lehrerzimmer
Wie kann ich in meinem Kollegium Akzeptanz für ein Drehtürmodell schaffen?
Jede zusätzliche Maßnahme, die an Schulen zur Förderung von Schüler:innen eingeführt wird, wird von den Pädagog:innen zunächst häufig als Mehraufwand für die Lehrenden verstanden. Es gibt zwar bei solchen Fällen immer begeisterte Kolleg:innen, die gern etwas Neues ausprobieren möchten, aber es gibt vielleicht genauso viele Skeptiker:innen.
Nachdem die Schulleitung der Durchführung eines Drehtürprojektes zugestimmt hat – denn das ist die Voraussetzung – muss überlegt werden, wie man die Kolleg:innen informiert. Es lohnt sich, im Vorhinein darüber nachzudenken, wie groß der Personenkreis sein soll, den man von Anfang an einbeziehen möchte. Das hängt von unterschiedlichen individuellen Faktoren der jeweiligen Schule ab, etwa von der Größe des Kollegiums, der Offenheit für das Thema Begabtenförderung oder den Möglichkeiten der Informationsweitergabe.
Beim Thema „Drehtür“ sollte das Kollegium zunächst einen Überblick über die verschiedenen Varianten erhalten, damit deutlich wird, dass individuell entschieden werden kann, welches Format für welche Schüler:innen und auch für die jeweilige Schule passen könnte. Die Nacharbeit von versäumtem Unterrichtsstoff sollte zum Beispiel nicht per se als Notwendigkeit betont, sondern situationsabhängig geprüft werden. Die kollegiale Zusammenarbeit trägt zur Entlastung der Einzelperson bei und ist essenziell für die erfolgreiche Ein- und Durchführung eines Drehtürprojektes. Wenn das Kollegium dabei an einem Strang zieht, kann diese einzelne Fördermethode sogar ein Auslöser für einen Schulentwicklungsprozess sein. Best-Practice-Beispiele aus bereits partizipierenden Schulen können weiterhelfen, Akzeptanz zu schaffen.
Wie stelle ich sicher, dass (meine) Schüler:innen, die an der Drehtür teilnehmen, keinen Sonderstatus in der Klasse einnehmen und sich gegebenenfalls ausgeschlossen fühlen?
Ein Drehtürprojekt hat das
- einzelne Schüler:innen einer Klasse plötzlich für einige Zeit aus dem gemeinsamen Unterricht herausgehen,
- andere Schüler:innen (aus einer anderen Jahrgangsstufe) stundenweise Teil der Klasse werden und/oder
- gegebenenfalls Unterrichtsstoff von denjenigen, die die Klasse zeitweise verlassen, nicht gänzlich nachgearbeitet werden muss.
Diese Faktoren können bei den anderen Kindern der Klasse zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit führen. Andererseits könnte diejenige Person, die die Klasse zeitweise verlässt, aufgrund dieser Tatsache teilweise aus dem Klassenverband ausgeschlossen werden. Eine solche Herausstellung Einzelner ist häufig eine Herausforderung für das Gruppengefüge einer Klasse. Damit sollte trotzdem oder gerade deshalb transparent umgegangen und klargestellt werden, dass diejenigen, die an der Drehtür teilnehmen, nicht weniger arbeiten als der restliche Klassenverband.
Gänzlich sicherstellen lässt sich eine vollständige Akzeptanz in der Klasse nie. Man kann einer möglichen Ausgrenzung aber zuvorkommen, indem man rechtzeitig „den Wind aus den Segeln nimmt“ – etwa, indem eine generelle Anerkennungskultur in der Klasse (oder am besten in der Schule) etabliert wird. So wird es selbstverständlicher, dass Leistungen unterschiedlich erbracht werden und individuell bewertet werden können. Auf diese Weise erfahren alle Schüler:innen der Klasse, dass ihre Stärken gesehen werden und die Drehtür-Teilnehmer:innen sind einfach Teil dieses Leistungsverständnisses.
In jedem Fall sollten alle Schüler:innen einer Klasse frühzeitig ins Boot geholt werden und auf Wunsch die Gelegenheit bekommen, diese Fördermaßnahme bei Interesse selbst einmal auszuprobieren.
Woher nehmen wir räumliche und finanzielle Ressourcen für eine Drehtürmaßnahme?
Bei der Implementierung eines Drehtürprojektes stellen sich im Kollegium häufig Fragen nach den Ressourcen, die hierfür benötigt werden. Hierzu zählen räumliche Ressourcen, wenn beispielsweise ein Lernlabor oder Lernbüro eingerichtet werden soll, in dem die Schüler:innen an eigenen Projekten arbeiten sollen. Auch personelle Ressourcen zur Betreuung der Schüler:innen während der Drehtürmaßnahme sowie gegebenenfalls finanzielle Ressourcen für die Bereitstellung von Materialien, die Einrichtung eines Lernlabors oder Lernbüros, Fahrtkosten zu Wettbewerben oder Ähnlichem werden benötigt. Die Beschaffung dieser Ressourcen ist nicht immer einfach.
Um erste Schritte bei der Implementierung einer Drehtür gehen zu können, bieten sich daher verschiedene Möglichkeiten an:
- prüfen, ob es einen Raum gibt, der in einem bestimmten Zeitraum für Drehtürprojekte genutzt werden kann
- einen oder mehrere mobile Arbeitsplätze, zum Beispiel in der Bibliothek oder der Aula, einrichten, um den Schüler:innen Raum für die Projektarbeit zu bieten
- die Schüler:innen einbeziehen und beispielsweise eine Spendenaktion oder Kuchenverkauf organisieren, um Geld für Materialien oder Fahrtkosten zu sammeln
- zur Finanzierung den Förderverein oder die Eltern ins Boot holen, da vom Einsatz interessanter Lernmaterialien in der individuellen Förderung alle Kinder und Jugendlichen profitieren
- zusätzliche personelle Ressourcen schaffen, zum Beispiel durch die Einführung eines Systems aus Tutor:innen, bei dem ältere Schüler:innen die Jüngeren unterstützen, oder den Einbezug von Eltern bzw. externen Kooperationspartner:innen; weiterführende Maßnahmen könnten die Organisation des Kollegiums in Jahrgangsteams oder die Einführung fächerübergreifender Lerneinheiten und individueller Lernzeiten sein, um Synergieeffekte zu nutzen und Vorbereitungsarbeiten im Team aufzuteilen
Daneben ist auch die Öffnung der Schule in den Sozialraum eine Möglichkeit, den Herausforderungen im Hinblick auf notwendige Ressourcen zu begegnen. Kooperationen mit außerschulischen Partnern wie beispielsweise Museen, Universitäten, Musikschulen, Unternehmen oder Sportvereinen bieten den Schüler:innen die Gelegenheit, andere Lernorte kennenzulernen, sich neue Lerninhalte zu erschließen und den Kontakt zu Expert:innen aus Praxis oder Wissenschaft aufzubauen.
Wie gehe ich damit um, wenn eine Schülerin/ein Schüler die Sorge hat, durch die Teilnahme an einer Drehtürmaßnahme den regulären Unterricht zu verpassen?
Schüler:innen, die die Möglichkeit haben, an einer Drehtürmaßnahme teilzunehmen, haben häufig die Sorge, dass sie zu viel aus dem regulären Unterricht verpassen und dadurch den Anschluss verlieren oder in Klassenarbeiten schlechter abschneiden. Um eine erfolgreiche Teilnahme an der Drehtür zu ermöglichen, ist es wichtig, diese Sorgen ernst zu nehmen und mit den Schüler:innen gemeinsam zu besprechen, was ihnen helfen würde. Bewährt hat sich beispielsweise Folgendes:
- die vorherige Abgabe von Übungsaufgaben oder Tests, die zeigen, dass die Schülerin/der Schüler den Unterrichtsstoff, den sie/er verpasst, bereits beherrscht
- die Durchführung von kleineren Drehtürprojekten in Wiederholungsstunden
- die Schülerin/den Schüler selbst entscheiden lassen, ob sie/er an bestimmten Wiederholungsstunden teilnehmen möchte
- die Vereinbarung einer Testphase für die Drehtürmaßnahme mit der Möglichkeit für die Schülerin/den Schüler im Anschluss daran zu entscheiden, ob sie/er weiterhin daran teilnehmen möchte oder nicht
- die Vereinbarung, dass wichtige Informationen in einem Heft notiert werden, sodass die Schülerin/der Schüler nichts verpasst
- die Begleitung der Drehtürmaßnahme durch regelmäßige Lernbegleitungsgespräche, in denen der Blick zum einen auf das Arbeiten in der Drehtür gelegt wird und zum anderen die Lernsituation insgesamt gemeinsam reflektiert wird
Wie können die Ergebnisse, die in einem Drehtürprojekt entstanden sind, in den regulären Unterricht einfließen oder bewertet werden?
Die Beantwortung dieser Frage ist abhängig von der jeweiligen Art der Drehtürmaßnahme. Besucht eine Schülerin/ein Schüler beispielsweise den Unterricht in einer höheren Klasse oder einem zusätzlichen Fach, besteht die Möglichkeit, sie/ihn an den entsprechenden Leistungsüberprüfungen teilnehmen zu lassen.
Grundsätzlich können Projekte, die im Rahmen einer Drehtürmaßnahme erarbeitet werden, aber auch ohne Bewertung bleiben. Wichtig ist es dann, die Ergebnisse anderweitig zu würdigen. Hierfür bietet es sich beispielsweise an, die Ergebnisse im Rahmen eines Referats oder einer Präsentation in der Klasse vorstellen zu lassen oder einen Präsentationstag an der Schule durchzuführen, an dem Projektergebnisse und im Unterricht erstellte Produkte vorgestellt werden. Alternativ können die Produkte auch beim Tag der offenen Tür oder einer Schulfeier ausgestellt werden (siehe auch https://www.fachportal-hochbegabung.de/oid/10059).
Wie können wir als Team im Kollegium Zeiten für gemeinsame Absprachen finden?
Absprachen im Kollegium sind eine wichtige Gelingensbedingung für die Durchführung von Drehtürmaßnahmen. Zeiträume hierfür sind im hektischen Schulalltag nicht immer leicht zu finden.
Eine Möglichkeit ist es, die Drehtürmaßnahmen als einen Punkt auf der Tagesordnung in den Fachgruppensitzungen zu reflektieren. Hilfreich kann es auch sein, die für den Stundenplan verantwortliche Lehrkraft darum zu bitten, mögliche Freistunden parallel zu legen, sodass diese gegebenenfalls für Absprachen genutzt werden können. Darüber hinaus können asynchrone Möglichkeiten wie eine gemeinsame digitale Plattform sinnvoll sein, auf der Materialien, Nachrichten und Informationen hinterlegt und ein gemeinsamer Terminkalender angelegt werden können.
Damit die jeweiligen Fachlehrkräfte auf dem aktuellen Stand bleiben, kann es helfen, dass die Schüler:innen, die an einer Drehtürmaßnahme teilnehmen, ein sogenanntes Pendel- oder Logbuch führen, in dem wichtige Informationen zu Terminen, Lernständen, Unterstützungsbedarfen und Ähnlichem notiert werden.
Unsere Autorinnen
Checkliste Implementierung und Mindmap

Dr. Nicole Miceli
ist Projektleiterin im Team Schule der Karg-Stiftung. Im Rahmen ihrer Arbeit konzipiert und leitet sie Projekte zur Qualifizierung von Lehrkräften, zur Schulentwicklung und zur Netzwerkbildung im Kontext der Begabungs- und Begabtenförderung. Neben der Durchführung von Fortbildungen berät sie Schulen aller Schulformen bei begabungsfördernden Schulentwicklungsprozessen.
Karten fürs Lehrerzimmer

Dr. Marielle Liebert
ist Projektleitung im Team Schule der Karg-Stiftung. Sie ist Erziehungswissenschaftlerin und hat zu den Schwerpunkten Mentoring und Professionalisierung von Lehramtsstudierenden geforscht. Sie promovierte an der Universität Hamburg im Fachbereich „Grundschulpädagogik“.

Dr. Nicole Miceli
ist Projektleiterin im Team Schule der Karg-Stiftung. Im Rahmen ihrer Arbeit konzipiert und leitet sie Projekte zur Qualifizierung von Lehrkräften, zur Schulentwicklung und zur Netzwerkbildung im Kontext der Begabungs- und Begabtenförderung. Neben der Durchführung von Fortbildungen berät sie Schulen aller Schulformen bei begabungsfördernden Schulentwicklungsprozessen.